BOCKSIEDLUNG – EINE FILMISCHE SPURENSUCHER: Melanie Hollaus Über die Bocksiedlung, die jahrzehntelang als selbstorganisiertes ‚Dorf in der Stadt’ bestand, gibt es zahllose Geschichten und Legenden. Die Künstlerin Melanie Hollaus hat sich in einer filmischen Spurensuche diesem Stück Stadtgeschichte genähert und will nun mit Zeitzeugen ein Bild aus dem Inneren zeichnen.” (Nicola Weber, Die Tiroler Straßenzeitung 20er, 9/2013)
Ab 1930 soll Johann Bock, legendärer Namensgeber der Siedlung, hier eine Hütte besessen haben, zog aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein, „mit Hunden und Pferden”, wird berichtet, „ein Bild wie aus dem amerikanischen Wilden Westen”. Armut zwang nach dem Krieg Menschen in ganz Österreich in informelle, selbstorganisierte Siedlungen, so auch in Innsbruck, wo nahe der Bocksiedlung auch die Baracken des ehemaligen NS-Arbeitslagers Reichenau als Notunterkünfte dienten. In den 1950er Jahren wird die Bocksiedlung in einem Zeitungsbericht als „Republik am Rande der Stadt” beschrieben, hermetisch von der Außenwelt abgeschottet, von Straßenschlachten mit der Polizei ist die Rede. Bis zu 200 Menschen sollen hier gelebt haben. In den 1960er-Jahren finden sich dann Schlagzeilen wie: „Kleinkinder und Ratten in elenden Baracken – die wilde Bocksiedlung und das Reichenauer Wohnlager.” Teile des Films prägen persönliche Erinnerungen von Menschen, die in der Nähe der Bocksiedlung aufgewachsen sind und persönlichen Kontakte mit den Bockelern gehabt haben. Da gibt es Legenden über den alten Bock, der als mächtiges Oberhaupt über die Siedlung herrschte.
„Der Film hatte seine offizielle Premiere im ORF Studio 3 und das Interesse war groß, einige Tage später wiederholte sich beim IFFI der Zuschauer-Zulauf erneut. Da wurde ein Nerv getroffen am Interesse von InnsbruckerInnen. Ich hatte Melanie Hollaus einige Schwänke aus meiner Kindheit erzählt und darunter waren Geschichten über die Bockeler und die Rattler, mit denen ich Muttersöhnchen zur Schule ging. Es waren Geschichten, die sich ereigneten an der ‚Via Gluck’, die Adriano Celentano besungen hatte und ich war der Ragazzo. Dass es jetzt einen Film gibt über jene Zeit, ist auch meinem Vater zu verdanken, der zwar nicht aus dem Milieu kam, aber durchaus als Richter Sympathie hatte für das Milieu am Stadtrand. Ja, das war die Geburt des Films.” (Helmut Groschup) Österreich 2012; Regie, Kamera, Schnitt: Melanie Hollaus; Schnittassistenz: Sebastian Brunner; Musik: Marcello Fera, Jenisches Liebesgedicht, Text: Romedius Mungenast; Mitwirkende: Gerhard Brantner, Ludwig Brantner, Klaus Lugger, Siglinde Schauer-Glatz, Heidi Schleich, Heinrich Seebacher u.a.; (DCP übertragen von HDV 1080i; Farbe & Schwarzweiß, 44min).
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