cinematograph 

Museumstraße 31   T 0 512 560470  50

leokino

Anichstraße 36   T 0 512 560470
filmstill
Fr
26
Sa
27
So
28
Mo
29
Di
30
Mi
01
Do
02

Keine Spielzeit in dieser Woche




FAHRENHEIT 9/11

R: Michael Moore

Michael Moore – Erfolgsregisseur des Oscar prämierten BOWLING FOR COLOMBINE, Bestsellerautor, Dirigent eines Millionenpublikums und Liebling aller Kritiker der gegenwärtigen US-Administration – hat sich mit seinem neuen Film FAHRENHEIT 9/11 nichts Geringeres vorgenommen als (film-)politische Geschichte zu schreiben: indem er die Wiederwahl des amtierenden amerikanischen Präsidenten verhindert. Oder zumindest wesentlich zum Hinauswurf George W. Bushs aus dem Weißen Haus beiträgt. Filme zu machen heißt für Moore politisch zu handeln – und FAHRENHEIT 9/11 sowie die Geschichten rund um den Film stellen die Frage, ob Filme die Welt verändern können, mit neuer Eindringlichkeit.

Bekanntes
Bekannt ist: dass Moore in FAHRENHEIT 9/11 die geschäftlichen und privaten Verbindungen zwischen den Familien Bush und bin Laden sowie dem saudischen Königshaus aufzeigt; dass er die ständige Aushöhlung von Bürgerrechten durch den „Patriot Act” anprangert; dass er Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft direkt mit konkreten Auswirkungen ihrer Handlungen konfrontiert; dass er schier irrwitzige Fakten und zynische Reaktionen der Machthaber beleuchtet; dass er das offizielle Schüren von Angst genauso hinterfragt wie den Irak-Krieg; und: dass er den selbst ernannten „War President” Bush als Idioten darstellt.
Auch über die Hintergründe weiß man Bescheid: „Goldene Palme” für FAHRENHEIT 9/11 in Cannes; Disney untersagt den Vertrieb des Films, nur ein eingesprungener Independent-Verleiher, die kanadische Lions Gate, sichert den pünktlichen US-Start Ende Juni; Rekordeinspielergebnis am ersten Wochenende (21 Millionen Dollar – das ist doppelt so viel wie HARRY POTTER), obwohl der Film erst ab 17 Jahren freigegeben ist; Michael Moore am Cover von Time Magazine; wüste Attacken sowie wonniger Applaus: Polarisierung pur.

Unbekanntes
„Ich denke, dass Moore unbewusst den US-Präsidenten mehr unterstützt, als dass er ihm schadet.” Jean-Luc Godard scheint so darauf zu verweisen, dass das „Produkt Bush” auch von seinen Gegenbildern lebt, gerade aus der rüden Reduzierung auf ein schwarz-weiß gefärbtes Weltbild seine politische Kraft gewinnt. Und hat sich die von Moore angeprangerte Einfältigkeit von Bush nicht längst von einer politischen in eine mythologische Kategorie verwandelt, weil sie mittlerweile für selbstverständlich und „natürlich” gehalten wird, also weder hinterfragt noch kontextualisiert werden muss? Vielleicht ist sich Moore dessen auch bewusst, wenn er den Fehlleistungen Bushs überdies argumentativ zu Leibe rückt – denn ein „preaching to the choir”, ein bloßes Überzeugen der eigenen Anhängerschaft also, kann nicht sein Ziel sein, aber Bush 1000 Wählerstimmen in den umstrittenen „Swing States” kosten und so würde der Film dann doch in die Realität hineinwirken.
Eingedenk dieser Zielsetzung ist FAHRENHEIT 9/11 ein perfektes Beispiel für Agit-Prop-Kino: schon Lenin erkannte, dass man die Massen erst agitieren, aufbringen und reizen müsse, um sie für Propaganda empfänglich zu machen, um Meinungsänderungen herbeizuführen. Moore erreicht dieses Aufheizen der Stimmung (auf steigende Temperaturen bezieht sich schon der Titel des Films) vor allem durch eine virtuose Montage bereits vorhandenen Bildmaterials. Er ist der König des Archivs, seine Stärke die Herstellung eines neuen, aussagekräftigen Kontexts durch die Gegenüberstellung zweier Bilder bzw. Bildsequenzen. „Am Schneidetisch wird aus Gestammel Rhetorik”, sagte der deutsche Dokumentarist Harun Farocki vor Jahren, und Moore perfektioniert durch überwältigende Aneinanderreihung von „Fakten” die rhetorische Figur der Emphase, der leidenschaftlichen Beweisführung.
So wird FAHRENHEIT 9/11 zu einem Dokumentarfilm, der genau das erreicht, was diesem traditionell belehrenden Genre selten gelingt: in einer Art „Kino der Attraktionen” Unterhaltsames und Emotionelles zu vereinigen, gleichzeitig eine Beweisaufnahme vorzunehmen, Polemik und Journalismus zu verbinden sowie eine machthabende Elite frontal herauszufordern. Ob Moore dabei nur ein Spiegelbild von Bush bleibt, ob seine Bevorzugung des Konkreten gegenüber dem Abstrakten politisch nützlich sein kann oder ob Moore wirklich vereinfacht und bloß populistisch agiert – davon kann sich im Kino jede(r) selbst ein Bild machen.
(Jens Nicklas)
„Als ich mit Michael Moore auf der Bühne stand, wusste ich schon, dass all dieser politische Mist jetzt hochkommen würde. Ich flüsterte in sein Ohr und sagte: ’Ich will dir nur sagen, dass du die Goldene Palme keineswegs für deine politischen Ansichten bekommen hast. Du hast sie bekommen, weil es wirklich der beste Film war, den wir gesehen haben.’”(Quentin Tarantino)
„Der Film hat mich tief berührt. Ich habe im Kino noch nie so viel geweint. FAHRENHEIT 9/11 ist nicht nur sehr inspirierend und informativ, er beweist auch, dass die Menschen etwas verändern können.” (Madonna)
„Vielleicht werden wir auf die unglaublich erfolgreiche erste Woche von FAHRENHEIT 9/11 bald den gleichen Blick werfen wie heute auf die TV-Debatte zwischen John F. Kennedy und Richard Nixon. Nämlich als einen Moment, an dem wir zum ersten Mal das Potenzial eines Massenmediums erfassten – in diesem Fall: Film – die amerikanische Politik auf neue Art und Weise zu beeinflussen.“ (Richard Corliss, Time Magazine)

USA 2004; Regie und Buch: Michael Moore; Kamera: Mike Desjarlais; Schnitt: Kurt Engfehr, Christopher Seward, T. Woody Richman; Musik: Jeff Gibbs. (35mm – von Video übertragen; Farbe; Dolby SRD; 115min, englische ORIGINALFASSUNG MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN).


  
Filmplakat