HIKARIRADIANCE R: Naomi Kawase Misako hat einen herausfordernden Beruf. Sie schreibt Audiotranskriptionen, also Tonfassungen von Kinofilmen für Blinde. In einem langwierigen Prozess. Weil ein Bild eben mehr sagt als tausend Worte. Und es außerdem gilt, dem großen Vorstellungsvermögen Nichtsehender Rechnung zu tragen und ausreichend Raum für eigene Interpretationen zu lassen. In der Gruppe der ProbehörerInnen sitzt auch Nakamori, ein ehemals berühmter Fotograf, der allmählich sein Augenlicht verliert und damit hadert. In ihm findet sie nicht nur ihren schärfsten Kritiker, sondern mit der Zeit auch ihren Liebespartner.
Naomi Kawases HIKARI wählt einen genuin filmischen Stoff, reflektiert sein eigenes Medium und variiert seine Themen auf allen Ebenen. Der-Film-im-Film, den Misako vertont, ist ebenfalls ein Liebesdrama. In ihm fällt der Satz: „Nichts ist so schön wie das, was vor unseren Augen verschwindet.” Denn auch dieser dreht sich um Verlust und Endlichkeit. Die symbolischen Bilder, begleitet von melancholischer Klaviermusik ästhetisieren den Prozess des Verschwindens geradezu. Die Filmemacherin der leisen Töne lässt die Figuren nicht miteinander verschmelzen, bevor sie den ganzen seelischen Ballast loswerden. Und erst wenn das letzte Kapitel zu Ende ist, kann das neue begonnen.
Wie zuvor in KIRSCHBLÜTEN UND ROTE BOHNEN inszeniert die japanische Regisseurin in Real-Time-Langsamkeit, die eine Vertraulichkeit und Intimität zum Publikum schafft und einen mitten hinein ins Geschehen zieht, in die menschlichen Verhältnisse, die sich per se mit dem Sehen und Bildern beschäftigen. (nach: www.epd-film.de; www.filmjournalisten.de; www.aviva-berlin.de)
Japan/Frankreich 2017; Regie & Buch: Naomi Kawase; Kamera: Arata Dodo; DarstellerInnen: Masatoshi Nagase (Masaya Nakamori), Ayame Misaki Misako Ozaki), Tatsuya Fuji (Kitabayashi/Juzo), Kazuko Shirakawa (Yasuko Ozaki), Mantarô Koichi (Sano) u.a.; (DCP; Farbe; 101min; japanische ORIGINALFASSUNG MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN).
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