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NÓI ALBINÓI

R: Dagur Kári

In einem kleinen Dorf an einem abgelegenen Fjord im äußersten Westen Islands, umgeben von gewaltigen Bergen, wohnt Nói zusammen mit seiner Großmutter. Im Winter ist dieser Ort, begraben unter meterhohem Schnee, vollkommen abgeschnitten vom Rest der Welt. Die Sonne geht nur noch für wenige Stunden auf und lässt den weißen Schnee unwirklich blau erscheinen.
Nói, der Albino, der eigentlich nicht wirklich einer ist: eine lange schlaksige Gestalt mit blasser Haut, blassen blauen Augen, kahl geschorenem Kopf, mit abweisendem Gesicht, im Innern hellwach. Verstecktes Genie und offensichtlicher Dorfdepp zugleich, hat er seinen eigenen Lebensweg gefunden in dieser einsamen Heimat mit drohend weißem Berg im Hintergrund und spärlich funzelnden Laternen auf der Dorfstraße: den der totalen Verweigerung.
Wenn der Französischpauker das Mayonnaise-Rezept referiert, schläft er. Wenn der Klassenlehrer die Namen aufruft, steht auf Nóis Platz nur ein Walkman. Und wenn der Pfarrer ihn zum Ausheben eines Grabes in dem gefrorenen Boden verpflichtet, handelt er die Tiefe des Lochs herunter. Lieber klaut Nói in der Tankstelle Münzen aus dem Spielautomaten. Verschließt sich in einem Kellerverlies. Besucht den Buchhändler Oskar, um mit ihm Kierkegaard zu lesen und um Männermagazine zu spielen. Oder stürmt mit einem Gewehr die Bank, um nach gescheitertem Versuch eine Minute später sein Sparbuch abzuräumen.
Denn eines ist klar: Nói will weg – nach Hawaii zum Beispiel. Hawaii ist überall: als glühendes Lämpchen auf der Landkarte in der Schule; als Palmenbild im kleinen, roten Guckkasten, den ihm seine Oma geschenkt hat; und als Muster auf dem Hemd seines verlotterten Vaters, der in der Kneipe „In the Ghetto” singt und sein Klavier zerhackt.
Die Szenen des Films lösen sich wie die einer Sitcom auf – doch gedreht sind sie vor Ort, im entlegenen Nordwesten der Insel: Berge, Gletscher, Dorfschule und der Friedhof tiefgefroren. Rasmus Videbaek, der Kameramann, hat den Film mit verstörend kühlen Bildern ausgestattet. Die Musik dazu hat Regisseur Dagur Kári mit seiner Zweimannband slowblow selbst gemacht.
Dagur Kári: „Die Figur Nói AlbiNói hat mich schon seit vielen Jahren begleitet. Sie ist noch älter als mein Interesse an Filmen, und ich habe manchmal überlegt, ob ich mit diesem Charakter einen Zeichentrickfilm oder ein Comic machen sollte. Ich habe jahrelang Ideen für ihn gesammelt, und zu der Zeit als ich mein Studium abschloss, waren die Ideen reif genug, um in einem Drehbuch verarbeitet zu werden. (...) Was die Rolle von Nói betrifft, war mir klar, dass er ein sehr charakteristisches und fast absonderliches Aussehen besitzen musste. Tómas war bei weitem die beste Wahl. Er ist nicht nur ein engagierter und begabter Schauspieler, sondern besitzt auch das Aussehen, das ich gesucht habe.”
(nach: morgenpost.berlin1.de; www,taz.de, archiv.tagesspiegel.de)
„Regisseur Dagur Kári kippt eine eklige gelb-grüne Farbe über seine luziden Bilder und spult seine Chronik eines angekündigten Untergangs mit der Erbarmungslosigkeit einer antiken Tragödie herunter. (...) In der lakonischen Betrachtung seines Helden wechseln sich absurde Komik und subtile Tragik ab.” (Eberhard v. Elterlein)
„Dagur Kári hat einen menschenfreundlichen Film gemacht. Grandios im Ernst und viel Spaß denn auch.” (Dietrich Kuhlbrodt)

Island/Deutschland/Großbritannien/Dänemark 2003; Regie und Buch: Dagur Kári; Kamera: Rasmus Vidabaek; Musik: slowblow; DarstellerInnen: Tómas Lemarquis (Nói), Thröstur Leó Gunnarsson (Kissi Beikon), Elín Hansdóttir (Iris), Anna Fridriksdóttir (Lina), Hjalti Rögnvaldsson (Òskar), Pétur Eínarsson (Ptrestur), Kjartan Bjargmundsson (Gylfi), Greipur Gíslason (Dabbi) u.a.; (35mm; Farbe; 91min; isländische ORIGINALFASSUNG MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN).