cinematograph 

Museumstraße 31   T 0 512 560470  50

leokino

Anichstraße 36   T 0 512 560470
filmstill
Fr
29
Sa
30
So
31
Mo
01
Di
02
Mi
03
Do
04

Keine Spielzeit in dieser Woche




LE TEMPS DU LOUP

WOLFZEIT

R: Michael Haneke

Spätestens seit FUNNY GAMES (1997) weiß man, dass gutbürgerliche Wochenendausflüge mit „Tier und Kegel“ in Michael Hanekes Filmen mit Vorsicht zu genießen sind. Und dass auch in WOLFZEIT etwas grundsätzlich nicht stimmt, wird schon nach einer knappen Minute klar. Anne (Isabelle Huppert) kommt mit ihrem Ehemann und zwei Kindern an ihrem beschaulichen Wochenendhaus auf dem Land an und findet dort eine andere Familie vor, panisch und bewaffnet. Annes Mann wird von den Eindringlingen erschossen, sie und die Kinder ihrer Vorräte beraubt und fortgejagt. Beim Vorsteher des nächsten Dorfes bittet sie vergeblich um Hilfe, denn offensichtlich sind die Menschen mit dem eigenen Überleben genug beschäftigt. Ohne Zuflucht und Fortbewegungsmittel streifen Anne und ihre Kinder nun durchs Land, auf der Suche nach den Grundbedürfnissen des Menschen – Nahrung, Wärme und ein Dach über dem Kopf.
In sorgfältig kadrierten, zum Teil langen und ungeschnittenen, zum Teil wunderbar ineinander fließenden Einstellungen erzählt Michael Haneke die Geschichte von Anne und ihren beiden Kindern, die sich unvermittelt in einer Extremsituation befinden. Die Gesetze der uns bekannten Zivilisation sind außer Kraft gesetzt, archaischere Formen des Miteinander bestimmen das Zusammenleben der Menschen. An einer abgelegenen Bahnstation – als Teil einer postapokalyptischen, aufgrund der Knappheit der Ressourcen spannungs- und konfliktgeladenen Gemeinde des Elends – warten die Flüchtenden: auf einen Zug, der sie – vielleicht – in Sicherheit bringen wird.
Der Titel des Films stammt aus der Edda, aus dem Gesang der Seherin, die das Weltende beschreibt. Darin heißt es: „Windzeit, Wolfzeit, keiner will den anderen schonen.“ Und Haneke fragt in WOLFZEIT, wie sich Menschen nach dem Zusammenbruch aller sozialen Verbindlich- und Verlässlichkeiten konkret verhalten würden. Im sparsamen Einsetzen von Lichtquellen wird WOLFZEIT zu einem Experiment in der Inszenierung von Dunkelheit, einer Aufschichtung von schwarz und grau. Nicht ohne Grund, denn das, was übrig bleibt vom menschlichen Dasein, wenn keine gesellschaftlichen Kontrakte mehr gelten, ist nichts Glitzerndes. So fragt WOLFZEIT auch, ob „Menschlichkeit“ denn wirklich ein positiver Begriff sei.
Die Universalität von Schauplatz und Handlung machen Hanekes neuesten Film zu einem Lehrstück über die menschliche Psyche. Den Regisseur interessiert nicht, welche Katastrophe dem Jetztzustand zugrunde liegen mag, vielmehr konzentriert er sich auf deren Auswirkungen auf das menschliche Verhalten, das fortan von dunklen, in den Abgründen unseres Unterbewusstseins verschütteten Instinkten bestimmt wird – so macht er das Thema einer grundsätzlichen kulturellen Auseinandersetzung zugänglich.
(nach: www.jumpcut.de, www.filmladen.at, programmkino.de)
„Eine starke, geheimnisvolle und verstörende Fabel über eine Welt, die unsere sein könnte. Haneke beschwört das Chaos herauf und erreicht dabei eine herausragende Präzision.“ (Le Figaro)

Österreich/Frankreich/Deutschland 2003; Regie und Buch: Michael Haneke; Kamera: Jürgen Jürges; Schnitt: Monika Willi, Nadine Muse; DarstellerInnen: Isabelle Huppert (Anne), Anaïs Demoustier (Eva), Lucas Biscombe (Ben), Patrice Chéreau (Thomas Brandt), Béatrice Dalle (Lisa Brandt), Maria Hofstätter (die zankende Frau), u. a.; (35mm; 1:2,35; Farbe; Dolby SRD; 113min; französische ORIGINALFASSUNG MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN).